Lebenslagen
     Erben und Vererben
          1. Erbfolge

1.4. Pflichtteil

Als Erblasser können Sie durch eine Verfügung von Todes wegen (LL) selbst bestimmen, wer Sie beerben soll. Sie sind dabei nicht an die gesetzliche Erbfolge (LL) gebunden und haben auch die Möglichkeit, Ihre Angehörigen zu enterben. Allerdings wird es als ungerecht empfunden, wenn in einem Erbfall die nächsten Angehörigen des Erblassers gar nichts erhalten. Aus diesem Grund steht diesen Personen ein sogenannter Pflichtteil zu. Voraussetzung ist jedoch, dass diese gesetzliche Erben geworden wären. Die Pflichtteilsberechtigten des Erblassers sind:

  • Ehegatte
  • Kinder
  • Enkel
  • Urenkel
  • Eltern

Sie haben gegen den durch eine letztwillige Verfügung eingesetzten Erben einen Anspruch auf Geldzahlung. Der Anspruch entsteht erst mit Ihrem Tod. Falls Sie diesen Anspruch auszuhebeln versuchen, indem Sie den Pflichtteilsberechtigten zwar in Ihrem Testament (LL) oder Erbvertrag (LL) mit einem Erbe bedenken, dieses Erbe aber geringer ist als der eigentliche Pflichtteil, hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil in der Höhe des noch ausstehenden Betrages.

Der Pflichtteilsanspruch verjährt innerhalb von drei Jahren, nachdem der Erbe von dem Erbfall erfahren hat. Hat er den Erbfall jedoch nie zur Kenntnis genommen, verjährt er spätestens 30 Jahre nach dem Todesfall.

Ausnahmsweise können Sie einem nahen Angehörigen den Pflichtteil nur unter besonderen Voraussetzungen entziehen.

Beispiel:

Einem Kind als Pflichtteilsberechtigten können Sie den Pflichtteil nur dann entziehen, wenn es

  • Ihnen, Ihrem Ehegatten oder einem der anderen Kinder nach dem Leben getrachtet hat,
  • sich einer vorsätzlichen körperlichen Misshandlung an Ihnen oder Ihrem Ehegatten schuldig gemacht hat (für den Ehegatten gilt dies jedoch nur, wenn es sich um das eigene Kind handelt),
  • sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegenüber Ihnen oder Ihrem Ehegatten schuldig gemacht hat,
  • die Ihnen gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt hat,
  • einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel gegen Ihren Willen führt.

In der Praxis ist der Entziehungsgrund "ehrloser oder unsittlicher Lebenswandel" aufgrund wandelnder Wertvorstellungen kaum noch von Bedeutung.