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Schwermetalle in Böden des Rhein-Neckar-Kreises (18.7.21)

Rubrik:

Der Rhein-Neckar-Kreis informiert

Herausgeber:

Gemeinde Oftersheim - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Kartenausschnitt mit veranschlagter Cadmium-Belastung im Bereich Walldorf/Wiesloch. Die Gehalte sind überwiegend „sehr hoch“ (rot), „äußerst hoch“ (pink) oder „am höchsten“ (grau).

Kartenausschnitt mit veranschlagter Cadmium-Belastung im Bereich Walldorf/Wiesloch. Die Gehalte sind überwiegend „sehr hoch“ (rot), „äußerst hoch“ (pink) oder „am höchsten“ (grau).

Mehrere Karten mit bunten Flächen, jeweils kombiniert mit Empfehlungen zum Anbau landwirtschaftlicher und gärtnerischer Kulturen: der Rhein-Neckar-Kreis zeigt in einer interaktiven Kartenanwendung nicht nur ein neues Bild der Schwermetallbelastungen, sondern beschreitet auch neue Wege im Umgang damit. In dem durch historischen Bergbau geprägten Raum im südlichen Rhein-Neckar-Kreis liegen großflächig erhöhte Schadstoffgehalte in Böden vor. Die Belastungen sind insbesondere durch die Nutzung der Gewässer zur Erzaufbereitung sowie der Schlacken beispielsweise für den Wegebau entstanden. Hauptparameter sind das Halbmetall Arsen und die Schwermetalle Blei, Cadmium und Thallium. Die genannten Schadstoffe sind relevant für den Anbau von Lebens- und Futtermitteln, weil es zu Überschreitungen der zulässigen Höchstmengen (HM) gemäß Futtermittel- und Lebensmittelrecht kommen kann. Rund 25 Jahre lang gab es deswegen Bereiche mit Anbaubeschränkungen auf den Gemarkungen Wiesloch, Walldorf, Nußloch und Leimen. Diese Anbaubeschränkungen wurden zum 1. Juli 2021 aufgehoben. Auslöser ist der Abschluss der Untersuchungen und Auswertungen im vergangenen Jahr.

 

Reinhold Grünberger von der Unteren Bodenschutzbehörde, der seit Beginn der 90er Jahre mit den Schwermetalluntersuchungen und den Anbaubeschränkungen befasst ist, erläutert: „Die Anbaubeschränkungen waren nicht mehr aufrecht zu erhalten, weil sich aus der Auswertung der Bodengehalte ein völlig neues Bild der Schadstoffsituation ergeben hat. Darum haben wir entschieden, Schadstoffkarten erstellen zu lassen, diese zu veröffentlichen und dem Grad der Belastung entsprechende Empfehlungen zu geben. Mit dieser Kartenanwendung können sich zukünftig alle Erzeuger und Bewirtschafter eigenverantwortlich über den Bodenzustand und mögliche Maßnahmen zur Vermeidung von HM-Überschreitungen informieren.“

 

Das von der Unteren Bodenschutzbehörde beauftragte Ingenieurbüro hat nach Auswertung der Untersuchungsergebnisse Karten für die oben genannten Schadstoffe erstellt. Um Werte für bisher nicht untersuchte Bereiche abzuschätzen, wandte das Büro ein komplexes geostatistisches Verfahren an, bei dem die Schadstoffgehalte nicht untersuchter Flächen aus umliegenden Messwerten durch räumliche Interpolation berechnet wurden.

 

Die Schadstoffkarten zeigen Belastungszonen und erstrecken sich auf das bergbaugeprägte Gebiet mit einem 500 m-Puffer und decken somit eine Fläche von jeweils rund 100 km² ab. Die Schadstoffkarten umfassen ganz oder teilweise die Gemeinden Dielheim, Gaiberg, Leimen, Malsch, Nußloch, Mühlhausen, Sandhausen, St. Leon-Rot, Walldorf, Wiesloch und Oftersheim.

 

Die in der Kartenanwendung gezeigten Karten ermöglichen es, im Untersuchungsgebiet bis hin zur einzelnen Anbaufläche die erwartete Schadstoffbelastung und nutzungsorientierte Empfehlungen zu entnehmen, je nachdem, ob Lebensmittel oder Futtermittel erzeugt werden sollen. Es wird auf Einschränkungen bei der pflanzenbaulichen Erzeugung hingewiesen und es werden Hinweise zur Einhaltung der zulässigen Höchstmengen sowie zur Notwendigkeit einer Vor-Ernte-Untersuchung bei der Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln gegeben.

 

Diese Empfehlungen und weitere Informationen haben die Untere Landwirtschaftsbehörde und die Untere Bodenschutzbehörde des Rhein-Neckar-Kreises gemeinsam entwickelt.

 

Für die Beratung der Landwirte stehen das Amt für Landwirtschaft und Naturschutz sowie für den Gemüsebau die überregionale Gemüsebauberatung zur Verfügung. Amtsleiterin Nicole Gross erwartet keinen großen Ansturm, weil die meisten der betroffenen Landwirte bereits Erfahrung im Umgang mit den Schwermetallbelastungen haben. Sie geht allerdings davon aus, dass die Umsetzung dieser Empfehlungen aber teilweise betriebliche Anpassungen erfordert.

 

Das zuständige Veterinäramt und Verbraucherschutz lässt keinen Zweifel an der Zuständigkeit der Erzeuger: Sie müssen eigenverantwortlich und auf eigene Kosten kontrollieren sowie sicherstellen, dass die Produkte bei Überschreitung der zulässigen Höchstgehalte nicht als Lebensmittel in den Verkehr kommen. Die Kartenanwendung zeige deutlich auf, wo Vor-Ernte-Untersuchungen angesagt seien und in den Verkehr gebrachten Produkte würden im Rahmen von Routinekontrollen überprüft, so die Behörde.

 

Das Gesundheitsamt empfiehlt, bodennah gewachsenes Obst und Gemüse von belasteten Böden vor dem Verzehr gründlich zu waschen bzw. Wurzelgemüse zu schälen. Bei pflanzlichen Lebensmitteln wird das Risiko einer Arsenbelastung aus dem Boden eher als gering eingestuft, es sei denn die Produkte sind mit Bodenmaterial verschmutzt. Falls sich Kleinkinder im Garten aufhalten, sollte vorsorglich für Spielbereiche zum Sandeln und Buddeln ausschließlich ein eingefasster Sandspielkasten mit Spielsand, Grabesperre und Drainage zur Ableitung des Niederschlagswassers angeboten werden, damit ein direkter Kontakt mit belasteten Boden vermieden wird.

 

Margarete Schuh, Leiterin des zuständigen Wasserrechtsamtes, sieht die Offenlegung der Daten als rechtmäßig an: „Es gehört zu den öffentlichen Aufgaben einer Unteren Bodenschutzbehörde, Bodenverunreinigungen bzw. schädliche Bodenveränderungen zu untersuchen und festzustellen bis hin zur Festsetzung von Bodenschutzflächen aus Gründen der Abwehr von Gefahren für die menschliche Gesundheit. Damit hat die Untere Bodenschutzbehörde grundsätzlich auch die Aufgabe, über Bodenverunreinigungen und schädliche Bodenveränderungen zu informieren.“

 

Den größten Vorteil der Anwendung sieht die Amtsleiterin darin, dass künftig für jeden Eigentümer bzw. Bewirtschafter die Möglichkeit bestehe, die Schadstoffgehalte und Anbauempfehlungen für seine/ihre landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Fläche online abzufragen. Sie sieht aber auch die daraus resultierenden Probleme für die ohnehin kriselnde Landwirtschaft. Denn die schönen bunten Karten dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich insbesondere die Landwirte in dem Gebiet zum Teil neu orientieren müssen.

 

Der link zur Anwendung: https://arcg.is/1rDuP51